„Mein“ Straßenkatzen-Projekt auf Zypern

„Ich kann es auch einfach nicht lassen!“, sage ich zu mir selbst und schüttle mit dem Kopf. Fünf Augenpaare gucken mich teils verwirrt, teils ängstlich an. Augenpaare, die ich eigentlich überhaupt nicht in meinem Leben wollte. Die mich nie besonders interessiert haben. Fünf Augenpaare, die symbolisch für millionen weitere stehen: Zyperns Straßenkatzen.

Dabei wollte ich keine (weiteren) Tiere mehr in meinem Leben haben. Ich wollte frei sein. Einfacher mal eben so verreisen können. Nicht mehr so viel Verantwortung tragen. Und jetzt hocke ich hier in den Kieselsteinen, klappere mit Dosen und Trockenfutter, rufe laut „Kittyyyyyy, Kittyyy, Kittyy!“ und komme mir dämlich, aber auch verdammt glücklich vor.

Was war passiert?

Jeder, der Tiere liebt und nicht allzu sehr in der heilen Touri-Welt versinkt, wird auf Zypern schnell merken, dass es vielen Tieren sehr schlecht geht. Wir haben das riesige Glück gehabt, in einem ganz tollen Wohnkomplex gelandet zu sein, in dem sehr viele Tierfreunde wohnen und fast jeder einen Hund hat. Doch spätestens beim ersten Gang zu den Mülltonnen (in die hier alles unsortiert geworfen wird), sieht man sie: Die vielen Straßenkatzen. Sie suchen im Müll nach Futter, teils abgemagert, oft krank.

Zweimal im Jahr kommen dann für kurze Zeit Babykatzen dazu. Super süß, aber leider genauso oft schwer krank und lange leidend. Bis sie dann verschwinden.

Viele Straßenkatzen sterben sehr früh durch Krankheit oder sie verdursten oder verhungern. Die weiblichen Katzen werden das erste Mal schwanger, wenn sie eigentlich selbst noch Babys sind. Die männlichen Kater kämpfen permanent um ihren Rang in der Kolonie.

All das wusste ich bis vor Kurzem nicht. Ehrlich gesagt, hatte ich überhaupt keine Ahnung und auch keinen Bezug zu Katzen. Aber die schlechte Verfassung der Straßenkatzen hat mich erschüttert.

Ich habe herausgefunden, dass man die Katzen „einfach“ zum Tierarzt bringen und für die Kastration bezahlen kann. Danach werden sie wieder am Ursprungsort freigelassen.

Doch wie kriegt man eine wilde Katze in so eine Box? Und eine Box habe ich doch auch nicht?

Ich habe mich also ein bisschen umgehört und wurde an eine Organisation verwiesen, die hier in meiner Region arbeitet: CopsCats.

Ich muss aber auch gestehen: Ich hab das ganze erst einmal vor mir hergeschoben. Es kann sich doch auch jemand anderes kümmern. Ich wollte doch keine Tiere mehr, um die ich mich kümmern muss.

Zum Glück hat das Universum mir nicht zugehört, sondern mir genau im richtigen Moment eine Sprachnachricht schicken lassen. Von einer anderen deutschen Entrepreneurin, deren Nachbarin meine Instagram Story zu den Katzen gesehen hat.

So kam eines zum anderen und wir haben uns mit der Leiterin von CopsCats an einer Katzen-Futterstationen getroffen und uns erklären lassen, wie die Organisation arbeitet und wie wir uns einbringen können.

CopsCats

CopsCats ist eine Organisation, die komplett ehrenamtlich tätig und spendenbasiert ist. Die Gründerin ist eine Deutsche etwa in meinem Alter. Es helfen auch noch einige Briten und weitere Deutsche mit.

Ich selber mache ehrlich gesagt gar nicht so viel. Zumindest im Vergleich zu dem, was die anderen leisten. Die meisten haben eigentlich ständig Katzen, die medizinisch versorgt werden müssen oder Babykatzen, die alle 2 Stunden die Flasche bekommen müssen, zu Hause.

Neben dem Füttern der Straßenkatzenkolonien in unserem Gebiet, werden nahezu täglich Katzen eingefangen und zum Tierarzt gefahren, damit sie dort kastriert werden können. Am nächsten Tag werden sie dann wieder abgeholt und dorthin zurückgebracht, wo sie eingefangen wurden.

Trap-Neuter-Return (TNR) heißt das.

Doch leider ist es damit nicht getan, denn fast täglich gehen Hilferufe von Menschen ein, die Katzen gefunden haben: Verletzt, krank, ausgesetzt, vergiftet.

Die Leute von CopsCats springen dann ins Auto und helfen, wo sie nur können.

So manches Mal schon haben sie eine Katze gerettet, bei der ich, so schlimm wie es klingt, gedacht habe: Dafür lohnt sich doch die Mühe gar nicht. Die sieht so kurz vor Tod aus, da hilft doch nur noch erlösen.

Und manchmal ist das tatsächlich so. Manchmal kann man einfach nicht mehr helfen. Doch ich wurde jetzt schon so oft überrascht, was für eine Entwicklung die Katzen mit der richtigen medizinischen Versorgung und einer liebevollen Pflegestelle machen.

Wenn du Vorher-Nachher Fotos sehen möchtest, schau mal auf die Facebook Seite von CopsCats.

Und ich?

Inzwischen haben wir 11 Straßenkatzen aus meinem Komplex kastriert. Zwei davon diese Woche.

Wenn ich jetzt zu den Mülltonnen oder zur Futterstelle gehe, die wir neu angelegt haben, sehe ich immer öfter Katzen, die ich „kenne“. Denen ein kleines Stückchen Haut im Ohr fehlt, das sagt „Ein Tierschützer hat meine Kastration ermöglicht“.

Die inzwischen deutlich gesünder und fitter sind.

Jeden Tag kontrolliere ich nun die Futterstelle, fülle auf und mache das Wasser neu. Ich gebe Tropfen gegen Zecken und bei Bedarf Medizin gegen Ringwürmer.

Auf Zypern gibt es über 2 Millionen Katzen. Nur eine männliche und eine weibliche Katze sorgen innerhalb von 8 Jahren für über 2 Millionen Babys! Eine unvorstellbare Zahl, oder? Wenn nur zwei Katzen für so viel Nachwuch sorgen, kannst du dir ausrechnen, wie rasant sich die Situation verschlechtert und wie viele Tierseelen leiden und sterben.

Unsere Arbeit fühlt sich oft wie das sprichwörtliche Fass ohne Boden an. Für die Gesamtsituation hat sich nichts geändert. Für Millionen von Katzen wird sich überhaupt nichts ändern.

Doch ich hocke hier und schaue auf „meine“ 11 Katzen. Denn für diese Katzen hat sich das ganze Leben geändert.

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Wie ist es denn so auf Zypern?

Ja, wie ist es denn nun so auf Zypern? Seit fast zwei Monaten sind wir nun hier in unserem neuen Leben angekommen. Ein Leben, das gerade erst wieder angenehm ruhig wird (sofern man das Zusammenleben mit einem 2-jährigen Kind als ruhig bezeichnen kann).

Die ersten Wochen waren definitiv herausfordernd. Sowohl organisatorisch als auch mental. Während bei meinen Freunden das digitale Nomadenleben immer so easy aussieht, musste ich mir eingestehen, dass ich schon einiges vermisse.

Die ersten 2 Stunden habe ich quasi alleine in Zypern verbracht, während Timo sich mutig dem Linksverkehr gestellt, unser Mietauto abgeholt und in unser AirBnB gefahren ist. Ich habe mit David und Sturmi erst am Flughafen gewartet und etwas eingeschüchtert die zypriotischen Taxifahrer beäugt, die vor dem Terminal waghalsige Parkmanöver inklusive Hupen, Schreien und Pfeifen vollbrachten (genau genommen schreien die Zyprioten gar nicht immer, aber zur Hightime am Flughafen kann mir keiner mehr erzählen, die würden sich nur nett unterhalten).

Den Weg zu unserer ersten Unterkunft bin ich dann mit Sturmi zu Fuß gelaufen. Zum Glück schon in der Abenddämmerung, so war es nicht mehr ganz so heiß.

Vorbei an Straßenkatzen, Staub und Plastikmüll. Nein, schön kam mir Zypern in dem Moment wirklich nicht vor.

Ich habe auch die nächsten Tage noch gebraucht, bis ich Zypern als „schön“ bezeichnen konnte. So anders war die Landschaft. Alles karg, hell und sandig.

Trotzdem habe ich die ersten Wochen überwiegend als sehr, sehr positiv empfunden. Wir hatten eine 2-Zimmer Ferienwohnung mit riiiieeesiger Dachterrasse, in der wir uns sofort extrem wohl gefühlt haben. Dank Mietauto konnten wir auch viel herumfahren und die Insel entdecken. Und außerdem gab es natürlich viel zu tun: Wir mussten innerhalb von 2 Wochen eine Langzeit-Unterkunft finden, uns anmelden, für unser Unternehmen alles in die Wege leiten und innerhalb von 4 Wochen ein Auto kaufen.

Als wir auf Zypern angekommen sind, wussten wir noch gar nicht, wo wir einmal wohnen wollen. Schon nach dem ersten Wochenende war jedoch klar, dass wir im Umkreis von Larnaka bleiben. Zu sehr hatten wir uns in diese Stadt verliebt, die so herrlich natürlich und gemütlich ist.

Mir fiel sder Gedanke super schwer, dass wir aus unserer Ferienwohnung wieder ausziehen müssen. Innerhalb von 2 Wochen hatten wir uns so etwas wie einen Mini-Alltag aufgebaut: Ich kannte die Gegend, hatte erste Leute kennengelernt, kannte die Supermärkte … warum aus einer Gegend wieder wegziehen, an die man sich schon gewöhnt hat?

Letztlich hat es sich dann aber so ergeben, dass wir ein absolutes Traumhaus auf der anderen Seite von Larnaka bekommen haben. An den Strand und zu manchen Aktivitäten fahren wir nun noch immer in unsere „alte“ Gegend zurück, aber wohnen tun wir dafür absolut traumhaft.

Wir haben ein ganzes Haus für uns alleine, mit viel Platz und einem komplett eingezäunten Garten. Perfekt mit Kind und Hund. Außerdem haben wir vor dem Haus einen großen Gemeinschaftspool mit Babybecken, den wir unbegrenzt nutzen können.

Hier im Komplex leben noch viele andere Kinder, sodass David oft jemanden zum Spielen hat.

Auch ist es hier so herrlich ruhig. Man hört keine Autobahn oder sonstiges – es ist einfach nur herrlich. Und einen Vorteil hat diese Gegend hier auch: Wir wohnen quasi direkt an der Grenze zum türkisch besetzten Teil Zyperns und können innerhalb von wenigen Minuten die Grenze passieren.

Nachdem wir also nach genau 2 Wochen in unser neues Langzeit-Zuhause umgezogen waren, ging es nun um den Autokauf. Geworden ist es ein 20 Jahre alter Landrover, den ich absolut liebe. Ich glaube, Timo ist etwas genervt davon, da er wirklich saulaut beim Fahren ist und einige Kratzer hat (die waren vorher schon da, ehrlich!), aber ich fühle mich in dem Auto absolut wohl und fahre ihn gerne. Ein Schaltwagen übrigens, wenn ich das hier stolz hinzufügen darf. Ich kann nämlich links fahren UND schalten, so! 😉

Das Anmelden des neues Autos war übrigens ein Paradebeispiel davon, wie hier auf Zypern gearbeitet wird. Da ich das Problem schon in der Strombehörde, dem Einwohnermeldeamt und eigentlich überall vorher kennengelernt habe, fragte ich diesmal vorbereitet den Autoverkäufer:

„Mal ganz realistisch gesehen, wie lange denkst du, wird das Anmelden dauern? Eine Stunde? Zwei Stunden?“
„Waaas, bist du verrückt?! 10 Minuten!“

Es waren dann 4 Stunden.

Und das nicht etwa, weil der Andrang so groß war. Wir waren um 8 Uhr morgens da und vor uns waren nur zwei weitere Personen. Ich kann nichtmal sagen, warum es 4 Stunden gedauert hat. Von 6 Schaltern ist maximal einer besetzt und auch diese Person verlässt zwischendurch des Öfteren den Arbeitsplatz und macht … keine Ahnung.

Dabei wird aber niemand ungeduldig, alle sind freundlich und entspannt. Dinge dauern hier eben. Man hat Zeit. (Und ich habe gelernt, nie wieder mein Kind zu solchen Terminen mitzunehmen).

Nach Haus, Auto und verschiedenen Unternehmens-Organisations-Terminen, haben wir dann noch einen Kindergartenplatz für David gesichert. Im Nachbarort in einem griechisch-sprachigen. Ich bin sehr gespannt, wie das wird und wie schnell David anfangen wird, griechisch zu sprechen.

Derzeit spricht er fast ausschließlich Deutsch, versteht aber vieles auf Englisch und beginnt nun, da wir seit 2 Wochen englischsprachigen Besuch bei uns haben, auch Englisch zu reden. Gut, dass dies erstmal nur „No!“ und „Go away“ ist (auf mich bezogen, wenn seine Babysitterin doch soo viel besser Saft in seinen Becher füllen kann als ich) – geschenkt.

Ich glaube, dass er ziemlich schnell zumindest griechisch verstehen wird.

Eigentlich eine gute Gelegenheit, dass ich das Griechisch Lernen auch nochmal angehe, aber das ist wirklich eine schwierige Sprache. „Erschwerend“ kommt hinzu, dass wirklich jeder hier perfekt Englisch spricht. Alle Aktivitäten sind auf Englisch möglich. Zypern ist einfach unglaublich multikulturell, es ist herrlich.

Hach, irgendwie machen diese Dinge auch Zypern aus. Klar, das extrem gute Wetter und das Meer ist natürlich auch einfach ein Traum. Aber das Leben ist so .. entspannt hier. Die Zyprioten sitzen gefühlt den ganzen Tag nur draußen im Café. Das ganze Leben spielt sich draußen ab – man trifft sich abends im Restaurant am Meer, raucht Shisha, redet, lacht, isst. Oder trifft sich tagsüber auf einen Frappe in der Beachbar.

Nach meiner Yogastunde ist extra Zeit zum „Spielen“ eingeplant – zwei Stunden nach den zwei Stunden Training, in denen die Teilnehmer wie begeisterte Kinder, neue Dinge ausprobieren, Handstand üben, reden und Frappe trinken.

Zuerst habe ich gedacht, ich werde hier faul. Vielleicht ist das auch so.

Derzeit arbeite ich von morgens um 8 bis mittags um 12. Und das war’s. Danach lese ich, fahre an den Strand, ins Café oder gehe zum Pool. Nur 4 Stunden arbeiten pro Tag war in Deutschland für mich undenkbar.

Witzigerweise bekomme ich trotzdem alles fertig. Und verdiene fast genauso viel Geld wie vorher.

Heimweh habe ich immer noch. Ich vermisse so vieles: Allen voran natürlich Egon, aber auch meine Freunde, meine Hobbies und meine Familie. Manchmal vermisse ich sogar das kühlere Wetter.

Vieles, sehr vieles, tut sich gerade in meinen Inneren. Zypern ist ein spannender Transformationsort für mich. Ich merke, dass ich viele Glaubenssätze und Einstellungen noch überarbeiten darf. Dass ich noch mehr entspannen kann, innerlich. Ich bin sehr gespannt, wie mein Leben hier so weiter geht.

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Wir ziehen nach Zypern. Ohne Egon.

So lange habe ich mich vor diesem Post gedrückt, habe abgewartet, verdrängt, gehofft und nun ist es an der Zeit, ehrlich dir gegenüber zu sein und damit hoffentlich auch den letzten Stein vom Herzen hinunter zu hieven.

Wir ziehen nach Zypern. Ohne Egon.

Du hast sicherlich schon gemerkt, dass es still um Egon und mich geworden ist. Eins vorweg: Ihm geht es super und wir unternehmen auch immer noch schöne kleine Abenteuer zusammen.

Nachdem er letztes Jahr einige Koliken hatte, gehen wir es aber nur noch ganz ruhig an. Spazieren gehen, mal an der Kutsche mitlaufen, Bodenarbeit, Quatsch machen – alles super. Lange Wanderungen – das wird wohl nichts mehr.

Und so richtig weiß ich auch gar nicht, was sich da eventuell gegenseitig beeinflusst hat.

Schon seit einiger Zeit haben Timo und ich den Traum, noch einmal „etwas anderes“ zu machen.

Ich habe mit 21 geheiratet, bin mit 26 Mutter geworden und habe eine Wohnung gekauft – alles Dinge, die absolut fantastisch sind!

Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das schon alles ist. Dass ich nun die nächsten Jahrzehnte in der immer gleichen (wenn auch sehr schönen) Wohnung sitze, dieselben Hobbys habe, diesselben Leute treffe.

Früher wollten Timo und ich immer nach Kanada auswandern. Dann war eine Zeit lang Bulgarien hoch im Kurs. Bis wir uns letztlich für Zypern entschieden haben.

Und ich kann dir versichern: Die Entscheidung für eine Insel, auf die ich mein Pferd nicht mitnehmen kann, war eine der schmerzhaftesten Entscheidungen, die ich je treffen musste. Nicht schwierig. Aber schmerzhaft.

So oft habe ich die Entscheidung schon verflucht, habe Kisten ein- und wieder ausgepackt, Pferdezubehör in die hinterste Ecke verbannt, um ja nicht voranzukommen, um den Schmerz nicht spüren zu müssen.

Doch nun habe ich mich entschieden, nach vorne zu schauen. Ich habe diese Entscheidung schließlich bewusst und mit voller Absicht getroffen. Und klar, ich freue mich auch schon total und werde ganz kribbelig, wenn ich an alles denke.

Ein neues Land, neue Kultur, neue Sprache, neue Abenteuer.

Und Sonne. Viel Sonne. 300 Tage im Jahr.

Sturmi wird mit uns kommen, die 4 Stunden in der Hundebox im Frachtraum muss er leider einmal überstehen.

David soll auf Zypern dann in einen englischen Kindergarten gehen. Mit seinen knapp 2 Jahren braucht er das jetzt auch unbedingt. Mehr Kinderkontakt, mehr Abenteuer. Es wird immer schwieriger, ihn zuhause zu bespaßen.

Timo und ich werden unsere Unternehmen wie gewohnt weiterführen.

Nur für kleine Plüschponys ist Zypern kein guter Ort.

Nachdem ich lange ernsthaft gedacht habe, dass es mir leichter fällt, ihn komplett zu verkaufen (aus den Augen, aus dem Sinn) habe ich mich nun doch dafür entschieden, ihn zu behalten.

Er wird am selben Stall stehen bleiben und meine Schwägerin wird sich um ihn kümmern. Ich bin mir sicher, dass sie das ganz toll machen wird, sie kennt ihn auch schon lange und noch ist ja Zeit, dass die beiden sich entspannt aneinander gewöhnen.

Eine meiner größten Ängste, die mich auch so lange am Schreiben dieses Posts gehindert haben, ist die Verurteilung. „Wenn man sich ein Tier anschafft, muss man auch Verantwortung übernehmen“. „Wie egoistisch“. „Was tust du deiner Familie nur an?“

Du kannst mir also glauben, dass ich vermutlich alle Empörungen, die dir gerade einfallen, schon in meinem Kopf durchgegangen bin. Täglich. Immer und immer wieder.

Ich bin trotzdem bei meiner Entscheidung geblieben. Weil ich glaube, dass das Wichtigste im Leben ist, dass wir uns selbst treu bleiben. Unsere eigenen Träume leben. Und ja, das ist egoistisch. Ich denke aber, dass es notwendig ist.

Ich hätte Egon nicht mehr in die Augen schauen können, wenn ich immer im Hinterkopf gehabt hätte „Wegen dir habe ich es nicht gemacht. Du bist schuld, dass ich nicht meinen Traum lebe“.

Ich denke auch nicht, dass das fair ihm gegenüber gewesen wäre.

Ob einfach weggehen fairer ist? Vermutlich nicht. Und genau deswegen ist dieser Schritt für mich auch so schmerzhaft.

Panorama Sächsische Schweiz

Natürlich habe ich auch Angst. Was, wenn ich mich dort einsam fühle? Wenn ich keine neuen Freunde finde? Wenn mir der Kontakt zu meinen Eltern zu sehr fehlt? Wenn meine Freunde in Deutschland mich vergessen? Wenn es dem Hund viel zu heiß ist? Wenn David durch die neue Sprache völlig irritiert ist? Wenn er sich aus der vertrauten Umgebung herausgerissen fühlt? Wenn es bei Timo und mir beruflich nicht so klappt?

„Maybe it won’t work out. But maybe seeing if it does will be the best adventure ever“ – Dieser Spruch steht auf meinem Vision Board und beschreibt ziemlich gut meine Gefühle.

Die Zeit ist jetzt. Wenn wir es jetzt nicht machen, wo David noch so jung ist, machen wir es wahrscheinlich gar nicht mehr. „Und eines Tages, ja da wären wir FAST nach Zypern gezogen.“

Die Zeit mit Egon war der absolute Wahnsinn. Alles rund um Verwandert, das Wandern, das Bloggen, die Kontakte. Es ist ja nicht nur Egon, den ich zurücklasse, sondern ein ganzer Beruf, den ich um ihn herum kreiert habe.

„Hallo, ich bin Sarah. Und ich bin nicht mehr die, die mit dem Pony wandert.“ Werden sich Leute trotzdem an mich erinnern, wenn ich mich auf einem Event vorstelle?

Ich weiß nicht, wie lange wir auf Zypern bleiben werde. Ich glaube nicht, dass David da noch zur Schule gehen wird. Aber wo wir dann sind: Das weiß ich jetzt auch noch nicht.

Immerhin habe ich die Möglichkeit, in Deutschland Urlaub zu machen. Und dann meinen Egon zu besuchen. Und falls wir nächstes Jahr überraschend doch schon wiederkommen, ist er immer noch da. Ja, das fühlt sich besser an, als ihn komplett aus den Augen zu verlieren.

Ich habe das Gefühl, dir noch so viel sagen zu müssen. Dass ich derzeit keine Fotos von Egon anschauen kann, ohne ein verdammt schlechtes Gewissen zu fühlen. Dass ich Angst habe, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Dass ich noch nicht weiß, ob und wie es mit dem Blog weitergeht. Dass ich dir alles noch genauer erklären sollte.

Aber nun ist auch mal die Zeit gekommen, um nach vorne zu schauen.

Deswegen erlaube ich mir jetzt erstmal, mich zu freuen. Vielleicht nicht unbedingt auf das Kisten packen. Aber auf das Abenteuer.

Auf die strahlenden Augen von David, wenn er das Meer sieht.

Auf gemeinsame Abende mit Timo auf der Terasse.

Auf frühmorgendliche Gassirunden am Strand.

Auf das Treffen mit anderen Online-Unternehmern.

Auf griechischen Wein.

Auf Siesta.

Auf den Moment, wenn ich im Rechts-Lenker statt den Blinker die Scheibenwischer an mache.

Hach Zypern, du und ich – das wird schon ziemlich aufregend, oder?

„Eines Tages Baby, werden wir alt sein. Oh Baby, werden wir alt sein und an all die Geschichten denken, die für immer unsere sind.“

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