Geständnisse eines Wander-Dummies – Warum ich in Outdoor-Läden einfach immer überfordert bin

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Es ist so weit. Ich muss mich outen. Bald wird es sowieso auffliegen, da ist es besser, du weißt sofort Bescheid: Ich bin der totale Wander-Dummie. So, jetzt ist es raus. Ja, ich wandere und blogge darüber, aber stell mich in einen Outdoorladen und ich bin verloren. Da ich relativ gut Englisch spreche, kann ich mir manche Begriffe wie Men´s Pro Double Zip Off Pants noch übersetzen. Aber was bitte ist Dermixax, Polyfiber oder Lycra und brauche ich wirklich eine NANO-TEX-Technologie? Kann man Moisture Management nicht auch einfach mit Feuchtigkeitsabtransport übersetzen? Ich habe keine Textilkunde studiert und möchte nur bequeme normale Kleidung kaufen. Scheinbar bin ich dafür zu blöde.

Das mit der Wassersäule habe ich ehrlich gesagt auch noch nie verstanden. Ich will ein Zelt, das Regen abhält. Wieso ist das so kompliziert? Ich habe kein Gespür dafür, ob 1500mm Wassersäule nun viel oder wenig ist. Kann das nicht in „Leichter Nieselregen“, „Normaler Sommerregen“ und „Mega Unwetter“ unterteilt sein? Ähnlich geht es mir bei der Temperaturangabe auf meinem Schlafsack. Für Temperaturen bis +6 Grad. 4 Seasons. Warum friere ich trotzdem wie Sau, wenn ich im April darin draußen übernachte?

Hast du auch manchmal das Gefühl, dass es sich der Verkäufer im Outdoorgeschäft zur Aufgabe gesetzt hat, dich so lange zu verwirren, bis du einfach alles kaufst? Bei mir scheint das zu funktionieren. Allerdings ist der Grad zwischen alles kaufen und verzweifelt ohne etwas flüchten bei mir auch sehr schmal. Einmal wollte ich mir eine neue Regenjacke kaufen. Ich meine – eine einfache Regenjacke. Mal ehrlich, was kann man da schon groß falsch machen? Scheinbar vieles, denn der Verkäufer des Geschäfts meines Vertrauens war regelrecht verzweifelt darüber, dass ich mir noch nie Gedanken über die gewünschte Wasserfestigkeit (Fest? Sehr fest? Halt so, dass ich trocken bleibe?!), laminierte Membranen (wtf?) und die perfekte Verarbeitung der Nähte (sollte die nicht immer perfekt sein?) gemacht habe. Im übrigens hieße das nicht Regen-, sondern Hardshelljacke. So! Mir wurden so viele Markennamen und mögliche Textilienkombinationen an den Kopf geworfen, dass ich alles sofort wieder vergessen habe.

Als ich dann endlich in dem gewünschten Kleidungsstück im Geschäft stand, mich vor einem kleinen Spiegel im Kreis drehte, während der Verkäufer weiterhin die Jacke mit Fachbegriffen anpries, bekam ich beim Blick auf das Preisschild einen halben Herzinfarkt. 500 Euro für eine Regenjacke?? An dieser Stelle kann man mich dann noch so einfühlsam darauf hinweisen, dass es doch eine Hardshelljacke mit DriClime Kinnschutz und Angel-Wing Movement ist – ich bin raus. Aus dem Laden, aus der Materie und überhaupt.

Muss das so kompliziert (und teuer) sein? Ich finde nicht. Zum Wandern brauchst du eigentlich nichts, außer deine zwei Füße, die dich irgendwo hin tragen. Alles andere kannst du dir nach und nach anschaffen. Ich bin mehrere Jahre mit der einfachsten Ausstattung gewandert: Schuhe: 20$ aus dem Warehouse in Neuseeland. Schlafsack: Der erste, der mir in die Hände fiel, etwa 35$. Wanderhosen: Hatte ich nicht, ich bin in Jeans und einfacher Shorts gelaufen. Ich habe mir überhaupt keinen Kopf um irgendwelche Membranen oder besonderen Funktionen gemacht und mache mir dies heute auch noch kaum.

Deswegen mein Tipp: Wenn du noch keine spezielle Wanderausrüstung hast – keine Panik! Starte in deinen normalen Klamotten. Hast du eine Jogginghose? Die geht sicher auch zum Wandern. Bequeme Sportschuhe? Perfekt! Um draußen unterwegs zu sein brauchst du keine mega Outdoor Kleidung! Diese kannst du dir auch nach und nach noch dazu kaufen, wenn du merkst, dass irgendetwas drückt oder nicht regendicht ist. Ich bin mir sicher: Auch wir Wander-Dummies können wandern gehen. Lauf einfach los!

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9 Gedanken zu „Geständnisse eines Wander-Dummies – Warum ich in Outdoor-Läden einfach immer überfordert bin

  1. Tipp: das nächste Mal einen kompetenten Fachhandel aufsuchen! Im Ernst, ich kann kaum glauben, dass es in Zeiten des Internet immer noch solche Verkaufstaktiken gibt.. Facts & Figures kann ich mir im Internet antun.

    Die Stärke des Fachhandels bzw. des guten Verkäufers ist doch nicht die perfekte Kenntnis des Produkts, sondern vor allem die möglichst perfekte Einschätzung des Kunden und seiner Bedürfnisse. Danach kommt Produktkenntnis, um Bedürfnisse und Produkt möglichst gut übereinander zu kriegen.

    Im Prinzip gibt es aus Verkäufersicht im Outdoor-Bereich zwei Kundentypologien: die Nerds und die „Wanderdummies“. Mit den Nerds kann man sich problemlos in technischen Details verlieren, was meist zum Kauf führt. Bei den Anderen spielen ganz andere Faktoren eine kaufentscheidende Rolle, unter anderem: passt die Farbe der Jacke zu meinen Schuhen und ähnliches… das ist nicht schlimm oder falsch, das ist einfach so. Also gehe ich darauf ein.

    Und überhaupt: Outdoor-Kleidung ist teuer. Das hängt u.a. von den Produktionszahlen ab. 10.000 Regenjacken eines Größensatzes herzustellen ist einfach deutlich teurer als 200.000 Jeansjacken in Größe S. Der Markt ist kleiner, die Technologie ausgefeilter – und schlussendlich sind die Kunden in einer anderen Kaufkraftskala zu Hause.

    • Hallo Sven,
      ein toller Kommentar und ich gebe dir so Recht! Vielleicht sollte ich anderen Outdoorläden nochmal eine Chance geben und schauen, ob da mehr auf mich eingegangen wird. Inzwischen bin ich eigentlich ganz gut ausgerüstet, aber irgendwann soll es nochmal eine neue Jacke sein. Also gleich eine Herausforderung für den Verkäufer (und mich) 😉
      Liebe Grüße Sarah

  2. Beim Wandern muss sicher nichts teuer und kompliziert sein. Es ist halt alles eine Frage der Wanderung. Wer Sonntagsnachmittags bei bestem Wetter mit dem Hund spazieren geht, kann das ganz sicher in Jeanshose und Sneakern machen.

    Bei einer schweißtreibenden Tageswanderung in unwegsamen Gelände bei kalt nassen Wetterverhältnissen, ist dieses Outfit allerdings so ziemlich das schlechteste was man wählen kann. Sicherlich braucht keiner eine 500 Euro Regenjacke, aber etwas Geld sollte man in vernünftige Ausrüstung investieren. Man muss ja nicht gleich zu den großen Markennamen greifen, aber Funktionsbekleidung sollte schon sein. Wenn das Körperklima stimmt (Regen bleibt draußen, Schweiß wird wirksam vom Körper weg nach außen geleitet, Stoff trocknen schnell, …), dann macht das Wandern gleich umso mehr Spaß.

    • Hi Sven, jup, da geb ich dir recht. Ich bin da halt prinzipiell ein Fan vom nach-und-nach Anschaffen. Wenn man merkt, dass einem das Wandern Spaß macht, kann man immer noch klassische Funktionsbekleidung kaufen. Wer sowas wirklich noch gar nicht besitzt, wird wohl vermutlich auch nicht mit einer schweißtreibenden Tageswanderung in unwegsamem Gelände anfangen. Und wenn doch sich danach mit der entsprechenden Kleidung eindecken 😉 Ich habe manchmal das Gefühl, dass viele durch die Fülle und Kompliziertheit der Produkte abgeschreckt werden und das wandern gar nicht erst probieren. Das fände ich schade.

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