„Schönes Leben!“, ruft uns eine Frau hinterher. Ich bin nicht sicher, ob sie der Meinung ist, dass wir dieses führen oder uns ein solches wünscht und antworte diplomatisch „Find ich auch. Danke!“. Gerade sind wir die ersten Schritte unserer Wanderung gelaufen und haben vor der Touristen-Information in Bad Laasphe einen kurzen Stopp eingelegt, um uns mit Material einzudecken.
Tag 1: Bad Laasphe – Biedenkopf
Wir hatten eine tolle Unterkunft in der Pension Kamerichs. Egon hat währenddessen die Nacht im Kurpark verbracht und drängelt. Ihm ist langweilig. Auch ich freue mich, dass es nun endlich losgeht und motiviert laufen wir die ersten Kilometer. Uff, ganz schön bergig hier.
Der Entenberg ist aber trotzdem bald bezwungen und die Aussicht entschädigt für den Anstieg.
Egon und ich haben uns schnell eingespielt. Die letzte Wanderung in Brandenburg ist noch nicht lange her und ich habe das Gefühl, nie etwas anderes gemacht zu haben. Vertraut trottet er mir am langen Strick hinterher – bergauf und bergab.
Unsere Wanderung ist in drei Etappen eingeteilt: Die ersten zwei Tage laufen wir auf dem Lahnwanderweg. Dann wechseln wir auf den Lahn-Dill-Bergland-Pfad, den wir vier Tage wandern. Anschließend erkunden wir zwei Tage lang den Westerwald-Steig.
Jetzt führt uns der Weg erst einmal nach Biedenkopf. Inzwischen hat es angefangen zu regnen und wird auch so bald nicht wieder aufhören. Die knapp 19 km lange Strecke mit ihren vielen Höhenmetern macht mir zu schaffen.
Umso froher bin ich, als wir unser Gepäck am Parkhotel abstellen und Egon anschließend in den Reitverein der Stadt unterstellen.
Die Leute dort sind sogar so lieb und fahren uns mit dem Auto wieder zurück zum Hotel, wo wir erst einmal unsere wunden Füße im Hallenbad inspizieren. Dann noch schnell essen und schon schlafen wir ein.
Tag 2: Biedenkopf – Buchenau / Elmshausen
Als ich morgens mit dem Hund eine kleine Runde durch den Park drehe, überkommen mich die ersten Zweifel. Halte ich das wirklich durch? Meine Füße brennen jetzt schon, erste Blasen zeichnen sich ab und das Wetter schlägt mir aufs Gemüt. Habe ich die vielen Höhenmeter unterschätzt?
Doch es hilft ja nichts: Rein in die nassen Wanderschuhe und weiter geht’s!
Der Weg führt uns aus der Stadt hinaus und – wie sollte es anders sein – einen Berg hinauf.
Gegen Mittag erreichen wir den kleinen Ort Katzenbach und obwohl es immer noch die meiste Zeit regnet, fühle ich mich hier sofort wohl.
Wir binden Egon kurzerhand an eine Straßenlaterne und lassen uns unsere Lunchpakete schmecken. Anschließend führt der Lahnwanderweg malerisch über Felder und auf Waldwegen entlang.
In den Wäldern duftet es nach Himbeeren und ich pflücke Egon einige von den Sträuchern. Erst pustet er skeptisch meine Hand an und dann gibt es kein Halten mehr. Immer mehr von den kleinen Köstlichkeiten soll ich ihm suchen.
Am späten Nachmittag lassen wir unser Gepäck in einer Pension in Buchenau und laufen mit Egon die letzten Meter zum Rittergut Elmshausen.
Dort bezieht er eine große Innenbox und mümmelt sofort zufrieden sein Heu.
Gerne würde ich noch länger bleiben und mich unterhalten, aber mir tun so schlimm die Füße weh, dass ich einfach nicht mehr stehen kann.
Also geht es für uns zurück in unsere Unterkunft, wo wir unser übliches Abend-Ritual „duschen-essen-schlafen“ durchführen.
Tag 3: Elmshausen – Rachelshausen
Am nächsten Vormittag beladen wir Egon direkt auf dem Rittergut und starten von dort aus in den Tag.
Endlich hat sich auch das Wetter dafür entschieden, unsere Reise zu unterstützen und die Sonne lacht vom Himmel.
Am Vormittag treffen wir Marion vom Naturpark Lahn-Dill-Bergland. Sie versorgt uns mit frischen Getränken, Wanderkarten und Mohrrüben für Egon. Der ist natürlich sofort begeistert und wiehert von nun an jedes vorbeifahrende Auto an, in der Meinung, diese seien seine ganz persönlichen Möhrchen-Mobile 😀
Wir laufen weiter und wechseln auf den Lahn-Dill-Bergland-Pfad.
Die Aussichten sind wie gewohnt fabelhaft und auch meine Beine haben sich so langsam an die vielen Steigungen gewöhnt.
Im Wald begegnen wir sogar einem Waschbären, der uns aus großen Augen anschaut.
Ein schwerer Anstieg steht mir noch bevor und den fehlenden Regen ersetze ich direkt durch Schweiß. Fast auf allen Vieren krabbele ich den Berg hoch, Egon läuft dich hinter mir und ich muss aufpassen, dass er mir nicht in die Fersen tritt.
Ich bin erschöpft, habe Hunger und mache mir Sorgen um die Tiere, für die wir schon alles an Trinkwasser aufgebraucht haben. Der Berg nimmt und nimmt kein Ende. Endlich oben angelangt, versperren Bäume die komplette Aussicht. Ich fange an zu heulen. Ich fühle mich vom Weg verraten und überhaupt. Ja, kindisch sein kann ich 😉
Timo überredet mich, in meinen Müsliriegel zu beißen („ihiiiich, haaab aba keinen Huuuuungaaaaa“) und danach geht es mir tatsächlich etwas besser.
Jetzt ist der Weg auch wirklich nicht mehr weit und wir erreichen etwa eine Stunde später den Krafthof in Rachelshausen, wo Egon sich direkt mit den dort wohnenden Langohren anfreundet.
Sturmi flitzt mit drei Hunde-Artgenossen durch den Innenhof und auch für uns Menschen ist der Krafthof jetzt genau das richtige.
Wir werden ganz lieb versorgt und verpflegt. Es gibt phänomenal leckeres Essen und sogar ein Gläschen Wein. Wieder überglücklich falle ich abends ins Bett und freue mich, dass ich Egon endlich auch nachts ganz nah bei mir habe.
Tag 4: Rachelshausen – irgendwo im Nichts
Es ist schon ziemlich warm als wir am nächsten Morgen aufbrechen und ich bin froh, dass uns der Weg durch einen schattigen Wald und vorbei an tollen Felsformationen führt.
In Gladenbach durchqueren wir den Stadtpark und füllen am Kneippbecken unser Trinkwasser für die Tiere auf.
Wenig später machen wir eine längere Mittagspause im Schatten von Apfelbäumen. Sehr zum Vergnügen von Egon, der begeistert die heruntergefallenen Früchte aufsammelt. Auch Sturmi genießt die Pause und den tollen Blick.
Wie auch am Vortag führt der Wanderweg erst einen Berg und anschließend einen Aussichtsturm hinauf. Nach meinem Zusammenbruch am Vortag bin ich angespannt. Wird das wieder so an meine Nerven gehen?
Doch meine Befürchtungen bestätigen sich nicht. Die Steigung ist zwar anstrengend, aber durchaus machbar. Und am Turm wartet Markus vom Hessen Forst mit einem großen Wassereimer für Egon auf uns. So kann ich ganz entspannt die fantastische Aussicht genießen.
Markus führt uns anschließend weiter zu einer Wiese, auf der wir die Nacht verbringen dürfen. Dort treffen wir auch Marion wieder und gemeinsam verbringen wir noch eine nette Zeit.
Obwohl Egon aufgrund von zahlreichen Bremsen etwas unruhig ist, schlafe ich abends sofort ein und auch bis morgens um 5 durch. Dann klingelt nämlich mein Wecker.
Wie gefällt dir der Bericht bisher? Du siehst: Auch bei mir läuft nicht immer alles rund. Hinterlasse mir doch einen kurzen Kommentar! 🙂
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Hallo Sarah,
habt Ihr eine Weidezaungerät mit, oder bleibt Egon ohne Strom hinter den Bändern?
Viele Grüße aus Mexiko!
Wieland
Wir haben immer Strom drauf! 😉
Liebe Sarah,sehr schöner Beitrag-tolle Bilder und ich bin jetzt schon neugierig auf Teil 2 😉
Lieeb Grüße,
Karin
Huhu liebe Karin, danke dir! 🙂 Und schon ist der zweite Teil online 😉
Hallo Sarah, ich habe Deine tollen Seiten heute durch Zufall entdeckt und war sofort fasziniert. Habe noch längst nicht alles gelesen aber das hole ich nach. Ich finde es toll, was Du alles so machst mit Egon. Ich werde Dich hier öfter besuchen und freue mich auf Deine Geschichten.
LG Beate
Hallo liebe Beate, das freut mich sehr, dass es dir hier so gut gefällt! 🙂 Ich freue mich auf weitere Besuche und Kommentare von dir, vielen Dank auf jeden Fall für das Lob!
Hallo Sarah,
ich muß Dich echt bewundern daß Du da mit den schmerzenden Füßen noch so tapfer weitergelaufen bist!
Der Bericht ist wieder klasse, ich finde auch nicht daß da die negativen Aspekte überwiegen, es ist doch einfach aus dem puren Leben geschrieben.
Ich würde mich auch freuen, neben den schönen Texten ein paar „technische“ Details zu kriegen wie Kilometer, evtl. sogar eine kleine Streckenkarte?
Zeichnest Du deine Touren eigentlich auf? Ich mach das bei meinen Kurztouren immer und plane dann die nächsten Ausflüge, Erweiterungen, neue Wege am PC oder freue mich einfach daß ich wieder mal einen Kilometer mehr geschafft habe als bisher ;o)
Liebe Grüße
Ulla
Danke dir liebe Ulla, wir werden in Zukunft unsere Touren wohl auch aufzeichnen 🙂 Ich schaue mal, dass ich das in Zukunft auf jeden Fall zu den einzelnen Tagesetappen dazu schreibe!
Hallo Sarah,
erzähl einfach genauso weiter, wie bisher. Es macht Spaß, das zu lesen, weil man merkt, es ist echt.
Ihr seid ein gutes Gespann.
viel Spaß noch und viele Grüße
Heinz
Danke schön, lieber Heinz, das freut mich, dass es dir gefällt!
sehr schöner Bericht da bekomme ich direkt Lust sofort loszuwandern.
Immer schön viele Bilder und der Textanteil ist genau richtig nicht zu viel und nicht zu wenig und vor allem sehr ansprechen geschrieben
mich persöhnlich würden immer noch die Kilometer und Höhenmeter pro Tag interessieren.
Das freut mich Maria! 🙂 Bei dieser Tour war auf jeden Fall beides zusammen addiert zu viel 😉 Am Ende waren es in 8 Tagen über 130 Kilometer und über 3.600 Höhenmeter.
Hallo Sarah ich bin richtig beeindruckt von deiner Leistung und beim lesen überkommt mich auch die Wanderlust – vielleicht sollte ich es auch mal mit meinen Vierbeinern wagen.
Ich wünsche dir noch sehr viele prägende und unvergesslich schöne Erlebnisse und freue mich von dir zu lesen.
Ganz herzliche Grüße aus Bayern
Huhu liebe Jasmin! 🙂 Danke für deinen lieben Kommentar, das freut mich sehr. Und ja, du solltest das auf jeden Fall mit deinen Vierbeinern auch mal wagen 😉 Ganz liebe Grüße
Sarah
Ja, was soll ich sagen? Im Namen Naturpark Lahn-Dill-Bergland steckt Bergland drin. Wer schöne Aussichten haben will, muss auch hinauf, auf Berg oder Turm. Schade, das in Deiner Erinnerung eher die negativen Aspekte dieser Wanderung überwiegen.
Die negativen Aspekte sind mir genauso in Erinnerung geblieben wie die vielen guten. Nicht umsonst heißt der Post ja auch „Von Höhen und Tiefen“ und dass die Landschaft einmalig schön ist steht außer Frage 🙂 Trotzdem geht es in meinen Berichten ja eben nicht nur um die Landschaft, sondern vor allem auch um mein persönliches Erleben.
Traumhaft schöne Gegend zum Wandern. Ist gar nicht so weit weg. Sollte ich mal in Angriff nehmen 🙂
Auf jeden Fall! 🙂
DANKE DANKE DANKE
Manchmal denke ich die einzige Wanderin bin, die auch jammervolle Momente kennt, den Weg oder den Aufstieg verflucht. MEin FErsensporn hat mich nicht vom Wandern abhalten können, es aber nach spätestens 10km zur Höllenqual werden lassen.
Wir sind tapfere Indianerinnen, dass wir trotz allem am Ende lachen können und stolz auf unsere Leistungen sein können.
Immerhin wandern nur Bruchteile der deutschen Bevölkerung 🙂
Einen lieben Gruß an dich und deine Vierbeiner
Elke
Danke dir liebe Elke. Hihi, genau, nur die deutschen Indianer wandern nämlich. So! 🙂
Ich liebe deine Schreibweise! Und der Tag stand wohl unter dem Motto „du bist nicht du wenn du hungrig bist“!
P.s. Wenn du weiter unten nach Hessen kommst, in Richtung Odenwald, dann kann ich dir ein paar Routen empfehlen. Aber Vorsicht: hier bei uns gibt es viele Berge ????
Neeeeeiiiin, nicht noch mehr Berge 😀 😀 😉 Ich bin jetzt erstmal ganz im Norden unterwegs. Da gibts höchstens mal nen Deich 😉
Liebe Sarah,
ich kann Dir so gut nachfühlen xD Ich glaub ich hätte auch angefangen zu heulen. Und hangry, ja das werd ich auch leicht 😀
Mir gefällt der Bericht super, die Bilder sind wunderschön. Vor allem das über dem Waschbären <3
Wie fand Sturmi den denn? Hamlet hätte ihn vermutlich gleich verbellt, der Rottweiler Zwergspitz 😀
„hangry“ – ein Wort, das mein (Wander-)Leben beschreibt 😀 Freut mich, dass es dir gefällt und es scheinbar nicht nur mir so geht. Sturmi fand den Waschbären total spannend und hat nicht verstanden, warum er ihn nicht beschnüffeln durfte. Dabei hat er ihn doch entdeckt! 😉
Ach liebe Sarah, so ein authentischer Bericht ist mir immer am liebsten. Es kann ja nicht immer alles nach Plan laufen und schmerzende Füße und quengelige Aufstiege gehören eben auch dazu! 😉 So haben wir eben das Gefühl noch ein bisschen näher dran zu sein an deiner Wanderung. Bin schon gespannt wie es weitergeht, in Biedenkopf war ich auch schon mal! Liebe Grüße!
Danke schön liebe Miri, das freut mich! 🙂