Ich bin ein Verfechter davon, Dinge, die man angefangen hat, auch zu Ende zu bringen. Sein Bestes zu geben und das meiste aus allem herauszuholen. Doch jetzt ist es soweit: Das erste Mal in meinem Leben gebe ich eine große angefangene Sache auf. Und zwar mittendrin.
Worum es geht? Im Dezember 2015, also vor genau einem Jahr, habe ich eine Ausbildung zur Tierheilpraktikerin begonnen. Das Thema interessierte mich und außerdem fand ich die Idee spannend, gemeinsam mit meiner besten Freundin in der Uni zu sitzen. Die hatte nämlich kurz vorher eine Ausbildung zur Hundephysiotherapeutin begonnen.
Da ich damals schon wusste, dass wir zurück in den Norden ziehen werden, habe ich auch meine Wochenend-Seminare schon in Bremen absolviert. Also freitags hin, zwei Tage Uni und montags 5 Stunden zurück.
Aber dann kamen natürlich auch einige andere Dinge und nicht zuletzt die Schwangerschaft und die Geburt von David. Von 12 Veranstaltungen habe ich im letzten Jahr somit nur 4 besucht.
Alles kein Problem, hänge ich eben ein extra Jahr an die Ausbildung ran. Voll motiviert habe ich mir also einen Lernplan geschrieben, alle Veranstaltungen bis 2018 im Voraus gebucht und im November wieder ein Wochenende in der Uni verbracht.
Doch in den vergangenen Tagen wurde immer klarer, dass ich mir selbst eingestehen muss:
Ich schaffe es nicht.
Ich habe nicht die Kraft, Baby, Pony, Arbeit und Studium unter einen Hut zu bringen. Möglich wäre es, keine Frage. Aber ich kriege es einfach nicht hin.
Es hat mich nur noch gestresst, wenn ich an den ganzen Lernstoff gedacht habe, den ich immer noch nicht aufgearbeitet habe. An die Abschlussprüfung, die ich so im Leben niemals schaffen werde. Trotzdem habe ich immer noch geglaubt, irgendwann die Kurve zu kriegen.
Doch jetzt ist die Kündigung abgeschickt. Und ich bin erleichtert.
Klar ist es schade. Die Hälfte der Ausbildungskosten ist schon bezahlt. Aber noch blöder wäre es, die zweite Hälfte auch zu bezahlen und doch nie den Abschluss zu machen.
Nach einem 1er Abi und 1er Studium waren vielleicht auch meine Ansprüche an mich selber zu hoch. Aber gerade deswegen wurmt es mich, dass ich es diesmal nichtmal bis zum Abschluss geschafft habe.
Aber es hilft ja nichts, vor allem seit ich wieder ein paar wenige Stunden in der Woche arbeite, bin ich echt am Limit.
Da genieße ich lieber die Zeit mit meinem Sohn, meinem Mann und meinen Tieren und gestehe mir selbst ein, dass ich es diesmal nicht geschafft habe. Gleichzeitig sage ich mir aber auch, dass es ok ist, mal aufzugeben. Dass ich durchaus auch etwas anfangen und dann nicht fertig bringen darf.
Ihr werdet mich also nicht in 2 Jahren als Tierheilpraktikerin erleben. Wenn ich ehrlich bin, war das aber auch nie so richtig mein Plan. Stattdessen werdet ihr so hoffentlich in Zukunft wieder eine etwas entspanntere Sarah sehen. Eine, die zwar immer noch viele Dinge vereinbaren muss, aber nun vielleicht ein bisschen mehr Zeit zum Entspannen und auch wieder zum Wandern hat. Und das wird letztlich doch allen zugute kommen.
Und es ist doch auch ok, mal aufzugeben, oder?
Hallo Sarah,
ich musste bevor wir uns kennen lernten aufgeben, während wir uns kannten und seither auch schon wieder. Das nennt sich „Exit Szenario“ und jeder Unternehmensgründer muss wissen, wie viel Geld, vor allem aber auch wie viel Zeit er in eine Idee investieren kann und wann und wo es Zeit wird die „Reißleine“ zu ziehen.
Wie Du weißt haben wir gleich zwei Kurze und ich arbeite jetzt in Nachtschichten, da tagsüber kein vernünftiges Arbeiten möglich ist. Irgendwie witzig. Ich genieße es.
Man muss eben seine Prioritäten überdenken und anpassen. Und weiter machen.
Insofern gibt Dir das nun erst Mal Luft. Und dann geht es weiter.
Genies Dein Leben. Es ist Dein Einziges.
Herzliche Grüße
Jürgen
Danke schön Jürgen! 🙂
Hallo,
mir ging es vor 17…. Jahren ähnlich. In dem Glauben keine Kinder zu bekommen können fing ich mit 34 eine zweite Ausbildung an. Voll motiviert machte echt Spass aber rums in den Ferien wurde ich schwanger. Mit Zwillingen. Ich dachte auch ich schaff das.
Leider hatte ich eine schlechte Schwangerschaft und konnte den Weg nicht mehr fahren.
So legte ich die Unterlagen zur Seite, beantragte eine Verschiebung. Nach der Geburt wollte ich erneut durchstarten, tja war gar nicht so einfach, die Kinder brauchten mich voll da sie zu früh kamen dann bekam ich von meinem Chef ein einmaliges Angebot mit Teilzeitarbeit und ich konnte bestimmen wann und wie ich kommen konnte.
Hmmm gute Frage. Job oder Ausbildung. Ich musste mich entscheiden.
Ich hab mich entschieden für den Job. Jahrelang hob ich die Unterlagen im Keller auf immer mit dem Gedanken irgendwann….
Nein auch ich habe dann endgültig vor 5 Jahren den Schlusstrich gezogen. Alle Unterlagen vernichtet.
Rückblickend – soll man ja nicht aber trotzdem – es war eine gute Entscheidung für den Job. Zwar nicht gerade erquickend ausfüllend aber ich bin unabhängig, verdiene mein eigenes Geld steuer etwas zum Familieneinkommen hinzu und auf Grund der kurzen Entferung waren Kindergarten und Schule gut zu händeln.
Und jetzt hab ich einfach einen Halbtagsjob der mir Spaß macht, verdiene gutes Geld und jetzt im Alter – ok 54 ist noch keins aber trotzdem – und wo ich noch die MS an der Backe habe – einfach zu schaffen.
LG
Ursula
Hallo liebe Ursula,
wow, Zwillinge sind ja auch nochmal eine andere Hausnummer. Respekt! Ich hätte mich vermutlich genauso entschieden, wie du. Und klingt ja auch durchaus schön. Manchmal muss man einfach eine Entscheidung treffen und diese Entscheidung muss eben manchmal auch ein „Aufgeben“ / Aufhören sein.
Danke für deinen lieben Kommentar!
Liebe Grüße
Sarah
Liebe Sarah,
ich kann dich gut verstehen! Ich hab auch sehr lange mit dem Gedanken gespielt, eine ähnliche Ausbildung parallel zur Arbeit zu machen. Ich hab viel Zeit mit der Recherche verbracht und ich war mir so sicher.
Am Ende habe ich mich nicht angemeldet, weil ich mich der Gedanke, noch mehr von der eigentlich nicht vorhandenen Zeit abzuzweigen, entmutigt hat.
Dieses Jahr war für mich der anstrengend, ich habe nie „Nein“ gesagt und immer alle Zusatzaufgaben und -aufträge übernommen. Mein Vorsatz für das nächste Jahr: Ich mache nur noch das, was mir Spaß macht und mich nicht stresst.
Du darfst deine Entscheidung deswegen keinesfalls als ein Aufgeben betrachten, sondern als einen Erfolg: Du hast etwas nur für dich getan. Du verzichtest darauf, Erwartungen zu erfüllen. Und das ist etwas, worauf du stolz sein darfst und solltest!
Liebe Grüße
Karo
Huhu liebe Karo,
ganz vielen Dank! Also die Ausbildung ist echt super, aber eben echt anspruchsvoll. Was ja gut ist, denn so lernt man wirklich richtig etwas, aber mal eben nebenbei klappt das nicht. Ich denke, wenn es wirklich ein Leidenschafts-Thema ist, dann geht das auch neben der Arbeit. Aber mich hat es zwar interessiert, aber es war jetzt nicht so „Wooooow, eine Gastritis, das ist ja iiirrreeee!!“ 😀 Naja, wer weiß, vielleicht mache ich es irgendwann ja doch noch zu Ende.. Erstmal genieße ich die freie Zeit 🙂
Liebe Grüße
Sarah
Klasse geschrieben. Kann dich so gut verstehen. Aufgeben ist nicht Versagen, weil man ja eine mündige Entscheidung trifft. Das ist nur erwachsen. Und es ist sehr mutig darüber zu schreiben und ich glaube das hilft wiederum ganz vielen anderen. Mir in jedem Fall. 🙂
Antje
Danke schön, liebe Antje! 🙂
Sarah, sieh’s mal so: Du hast im richtigen Moment die Reißleine gezogen. Gut gemacht 🙂
Ja, stimmt schon… Danke Lucy 🙂
Hey Sarah 🙂
Kinder wirbeln halt das Leben durcheinander und es braucht halt ne Weile bis alles … Anders läuft …
🙂
Carsten
Danke Carsten!
Von Aufgeben kann keine Rede sein. Die Bedingungen haben sich geändert, dann ändern sich auch die Möglichkeiten.
Und wenn schon. Robert F. Scott wollte auch nicht aufgeben und sein Vorhaben trotz böser Planungsfehler durchziehen. Er hat dafür mit dem Leben bezahlt.
Du hast Recht, danke Paul!
Setz Dich nicht so unter Druck! Du gibst nicht auf, Du entscheidest Dich nur neu. Und zwar so, wie es für Dich richtig ist.
Mir fiel das damals bei meinem Studium auch verdammt schwer und ich habe emich irgendwie als Versagerin gefühlt. Mittlerweile habe ich aber gelernt, wieviel leichter einem die Dinge fallen, wenn man 100% dahinter steht. Und deswegen halte ich nicht mehr an etwas fest nur weil man „Dinge zu Ende bringen muss“. Weil müssen muss man nur auf dem Klo 😀
Insofern sei stolz, dass Du eine Entscheidung für Dich getroffen hast!
„Du gibst nicht auf, Du entscheidest Dich nur neu.“ – Love it! Tolle Aussage, ganz vielen Dank Steffi!
Klar ist das okay – sogar völlig!
Mir war sowieso schleierhaft, wie Du das alles so unter einen Hut bekommst – ich persönlich habe für mich (schmerzhaft) lernen müssen, dass ich Freiraum brauche, dass ich lernen muss, auch mal meine körperlichen wie mentalen Grenzen zu akzeptieren – das ist nix schlimmes sondern nur eins: vernünftig und gesund.
Und es kommen auch wieder Zeiten, in denen Du Raum hast für neue Erfahrungen, um Neues zu lernen oder mal wieder etwas ganz Anderes zu machen. Sowas ist das Leben!
Danke dir! 🙂 Ich bin auch immer noch ganz schön am Rotieren, aber so geht’s jetzt hoffentlich.