Bin ich ein Social Media Fake?

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„Social Media is not real life.“ Mit diesem Satz hat das Instagram-Model Essena O’Neill für Aufsehen gesorgt. Über Nacht löschte sie einen Großteil ihrer Fotos und versah die noch verbliebenen Bilder mit neuen Beschreibungen, wie: For this photo I hardly ate for a week. I bought this bikini just for this photo. I posed for hours until the photo was perfect. Don’t be fooled by social media.“

Ja, Social Media ist nicht echt. Wir sehen nur das, was die Leute uns sehen lassen wollen.

Das wissen wir eigentlich alle ziemlich gut, oder?

Trotzdem bin ich immer wieder erstaunt, wie ich mich selber so oft täuschen lasse.

Wie ich mich selber mit meinen Freunden vergleiche und neidisch ihre Fotos betrachte.

Erst vor Kurzem habe ich mich lautstark bei Timo beschwert: „Meine Freunde sind gerade alle auf Thailand in der Sonne, trinken den ganzen Tag Smoothies, machen Yoga in der Sonne, gehen Surfen und schlafen abends mit Blick aufs Meer ein. Und ich? Ich habe Schneematsch und stinke nach Stall!“.

Überhaupt erschienen mir meine ganzen Blogger-Kollegen und digitalen Nomaden-Freunde immer viel erfolgreicher als ich.

Hier auf einem Event, da einen Star getroffen, schon wieder kostenlos im Hotel übernachtet, den nächsten Kunden an Land gezogen …

Wie machen die das nur?

Inzwischen weiß ich: So ist es überhaupt nicht.

Das ist wieder nur das Bild, das ich über Facebook von meinen Freunden und Bekannten habe.

Denn ab und an kommt ein anderes Bild durch. Meist nur als kleiner unscheinbarer Status. Oder als eingeschobener Satz zu einem dieser unfassbar neidisch-machender Bilder.

„Tausende Kilometer liegen hinter mir – 28 neue Länder entdeckt – weit über 50 Flüge absolviert – 21 Interviews gegeben – die eigene Produktionsfirma gegründet – aber auch mehr geweint, als gelacht (…)“

„Heute bin ich mal auf der anderen Seite von Koh Lanta bei ein paar Freunden, die sich hier eine kleine Villa gemietet haben – zum gemeinsamen Arbeiten und Urlaub machen. Sehr schön, hier zu sein! Um ehrlich zu sein und auch mal nicht nur die Sonnenseiten mit euch zu teilen, kann ich euch aber sagen, dass ich seit mehreren Wochen ziemlich erschöpft bin. (…)“

Damit möchte ich jetzt auf keinen Fall sagen, dass Erfolg immer eine Schattenseite hat!

Oder behaupten, dass alle glückliche Menschen in Wirklichkeit nur glücklich tun und heimlich weinen.

Nein, gar nicht.

Es geht mir einfach nur darum, für mich selber dieses Bild wieder gerade zu rücken, das Social Media mir nicht nur von fremden Leuten, sondern sogar von meinen eigenen Freunden vermittelt.

Ich bekomme selber öfters Nachrichten, die sagen:

„Wow, dein Leben hätte ich auch gerne.“

oder „Du bist auch immer nur am Lachen, oder?“

Und genau da hat Social Media auch von mir ein eindimensionales Bild erstellt, das von vielen nur allzu gerne aufgesogen wird.

An sich ist es mir auch gar nicht so wichtig, was für ein Bild du von mir hast.

Mir ist aber wichtig, dass dieses Bild, das du hast, dich nicht herunterzieht. Dass es dich nicht denken lässt, dass alle anderen es besser haben als du oder dass du ein Versager bist oder nicht genug Mut im Leben hattest oder oder oder …

Denn das ist Quatsch.

Sich mit anderen Leuten zu vergleichen ist eigentlich immer Quatsch, aber ich weiß genauso gut wie du, dass sich das nicht so einfach abstellen lässt. Richtig?

Aber sich mit Social Media Menschen zu vergleichen, ist sogar noch mehr Quatsch als es im echten Leben zu tun.

Warum hast du so ein positives Social Media Bild von mir?

Weil ich mich selten heulend fotografiere und noch seltener diese Fotos online stelle. Was nicht bedeutet, dass ich selten heule.

Ein Foto gibt es sogar, das ich kurz nach einer Heulattacke auf einer Wanderung gemacht habe. Aber vor lauter Schweiß ist das vermutlich nicht so richtig zu erkennen und ich hatte mich immerhin schon wieder so weit beruhigt, dass ich das Smartphone zücken konnte.

Ein anderer Punkt ist, dass ich auf der Verwandert Facebook Seite nunmal fast ausschließlich Dinge poste, die eben mit dem Wandern mit Egon zu tun haben.

Während wir unterwegs sind, bekommst du die Bilder live und jetzt in der „Nebensaison“ siehst du dort nachträglich bearbeitete Fotos der Touren zum Nachträumen.

In meinem Alltag sitze ich aber auch fast den ganzen Tag am Laptop und arbeite. Zum Teil am Blog und zum Teil als Freelancer.

Ich trage eine Jogginghose (ja, ich gebe es zu!) und irgendwelche Outdoor-Oberteile, sitze immer am selben Ort, der Hund liegt mit im Arbeitszimmer und seufzt jedesmal theatralisch, wenn ich eine Email-Benachrichtung bekomme und generell ist mein Alltag ziemlich öde.

Zumindest zu öde, um ihn auf Social Media vorzustellen.

Hier auf dem Blog versuche ich schon, so ehrlich wie nur möglich zu schreiben.

Ich schreibe auch über meine Ängste und über Unzufriedenheiten und generell ziemlich ehrlich über meine Gedanken und Gefühle.

Bei Facebook habe ich aber einfach Lust darauf, positive Bilder zu posten. Mir macht es selber Spaß, meine Wanderungen noch einmal nachzuempfinden, knuffelige Pony-Fotos zu machen und mich zu freuen, wie genial mein letztes Jahr war.

Das möchte ich auch gar nicht ändern, weil es sich für mich schon richtig anfühlt.

Ich möchte dich aber bitten:

Bitte denke nicht, dass mein Leben perfekt und immer nur Sonnenschein ist. Bitte sieh mich als ganz normale Person mit Ecken, Kanten und schlechten Tagen.

Bitte freue dich über meine Fotos, aber lass sie dir kein schlechtes Gewissen oder eine schlechte Stimmung machen.

Und:

Vergleiche nicht dein wirkliches Leben mit meinem Social Media Leben.

Header-Foto von Alice Wonderland

13 Gedanken zu „Bin ich ein Social Media Fake?

  1. Schöner Artikel zu einem Thema, mit dem sich wohl jeder auseinandersetzen kann!

    Und ja, man fällt immer wiedr darauf rein. Auch wenn man sich regelmäßig ins Gedächtnis ruft, dass es hinter den Kulissen meist ganz anders aussieht.

  2. Hallo Sarah,
    da ich Facebook verweigere weiß ich nicht wie Du dort so rüberkommst, hier in Deinem Blog gibst Du aber ein sehr authentisches Bild von Dir ab (vermute ich zumindest mal) das eben nicht nur aus heiler Welt besteht. Gerade das gefällt mir so gut hier an Dir und dem was Du schreibst. Für mich bist Du somit alles aber kein Fake!
    Ich hab im Leben inzwischen schon so oft erlebt, daß grade die Leute die nach außen hin so ein perfektes, beneidenswertes Bild abgeben am wenigsten zu beneiden sind und man ganz sicher nicht mit ihnen tauschen möchte. Somit bin ich inzwischen da fast immun gegen solche Gedanken.
    Ich bin sehr gespannt wie Du mit den großen Änderungen in Deinem Leben weitermachen wirst und freue mich auf viele weitere Erzählungen.
    Liebe Grüße, Ulla

  3. Hallo Sarah,

    ich lese dich und deine Beiträge gern, obwohl ich schon um einiges älter bin und das Internet und Social-Media erst im Erwachsenenalter kennen gelernt habe. Du hast Recht mit deinen Gedanken über die Darstellung der Dinge im Internet und ich glaube das müssen alle die sich online bewegen einschätzen lernen und auch zwischen den Zeilen lesen. Tatsächlich wirkt bei den meisten Facebook-Profilen und Co die Beiträge und Fotos wie eine heile und tolle Welt und es macht ja auch Spaß diese zu betrachten und lesen, viele scheinen sich im „toll sein“ schon fast einen Wettkampf zu liefern. Doch auch das ist im Leben nicht alles „Zuckerschlecken“ ist kann bei genauer Betrachtungsweise im Internet gelesen werden, es gibt es doch sogar einige die mit Ihren Schicksalsschlägen und schweren Situationen Mitleid und Zuspruch im Internet suchen. Ich glaube das im Internet wie im „real life“ ein ehrlicher Umgang mit anderen und sich selbst möglich ist, ohne sich völlig zu outen oder offen zu legen. Du bist ein schönes Beispiel dazu!

  4. Boah Sarah,
    gut, dass du das hier schreibst. Darüber denke ich auch schon die gaaaanze Zeit nach… also so etwas auch mal zu schreiben. Ich wollte das mal irgendwo in einem Newsletter verwursten… Mal sehen.
    Aber ja, ich kenne das Gefühl, obwohl ich selbst ständig auf Social Media aktiv bin … Da postet der Tim wieder ein tolles Foto oder der Bastian oder oder oder… oder auch mal du 🙂 – Ich hab es ja nicht so mit Fotos von mir, dann müsste ich mich ja an meinem „Arbeitsplatz“ fotografieren und der ist immer chaotisch und leider oft recht dunkel…

    Aber sogar obwohl ich keine Strahlemännchen-Fotos von mir Poste bekomme ich auch ab und zu diese Nachriten a la „Dein Leben ist so toll.“ und „Ich wäre auch gerne so erfolgreich wie du!“ – Und dann muss ich den Leuten immer und immer wieder sagen „Leute, ich bin gar nicht erfolgreich!“

    Ich kann von dem, was ich tu, noch lange nicht leben. Ich lebe von meinen Ersparnissen, die nach dem Burnout-Klinikaufenthalt übrig geblieben sind und versuche mir gerade ein Leben aufzubauen. Dass das Geld immer weniger wird und dass das alles soviel komplizierter macht, das poste ich natürlich nicht mit einem Screenshot von meinem Bankkonto auf meiner Facebookseite

    Der Schein trügt so dermaßen, wenn man versucht, guten Bilder zu produzieren, die den Betrachtern den Tag versüßen. Sie gehen dann automatisch davon aus, dass der eigene Tag nur aus Zuckerwatte besteht. – Und selbst wir lassen uns immer wieder davon blenden. Es ist echt Wahnsinn ^^

    Danke für deinen Beitrag!
    Julia

    • Hallo liebe Julia,

      das freut mich total, dass dir mein Beitrag so gut gefällt! Ja, der Schein trügt leider oft wirklich. An sich ist das ja auch überhaupt nicht schlimm, aber ich kenne das von mir, dass mich das dann manchmal echt unter Stress setzt. Und das ist irgendwie dämlich. Den Erfolgs-Spruch kenne ich übrigens auch. Allerdings nehme ich mir dann bevor ich antworte immer mal wieder die Zeit und überlege, was ich im letzten Jahr alles so geschafft habe. Und merke dann, dass ich doch nicht so ganz erfolglos war, wie ich manchmal denke 😉 Oft sehen wir unseren eigenen Erfolg ja gar nicht oder definieren ihn bei uns viel strenger als bei anderen 🙂

      Ganz liebe Grüße
      Sarah

  5. Hi Sarah,

    ich fand Essena ehrlich gesagt grenzwertig. Sich über Social Media in Social Media zu beschweren ist irgendwie arm. Mutig fand ich nur, dass sie damit auch ganz schön vertragsbrüchig wurde und mich würde mal der Hintergrund interessieren: wie viele Firmen da nun wg. vertragsbruch vorgegangen sind.

    Den Kern deines Artikels finde ich aber total wichtig. Ich glaube nicht, dass sich von Social Media zurückzuziehen, die Lösung ist, weil es auch so schöne Dinge da gibt und weil ich es oft schöner finde, kurz ein Bild von Freunden oder Bekannten durchrauschen zu sehen, als gar nichts mitzubekommen, aber der damit verbunden Neid oder das schlechte Gefühl, die dürfen nicht sein.

    Das läuft dann falsch. Ich bin allerdings froh, dass wir diese Welt als Erwachsene haben. Mir tut jeder sehr junge Mensch Leid und ich wünschte, dass die Inhalte deines und anderer Artikel zu dem Thema lehrinhalt würden, weil vieles von dem Erwachsenen Grundverständnis nur mit einer sehr dizedierten Haltung möglich ist, die leider nicht jeder und vor allem oft nicht junge Menschen einnehmen können.

    Liebste Grüße
    Tanja

    • Hallo liebe Tanja,

      ja, das mit Essena würde mich tatsächlich auch interessieren. Kann mir vorstellen, dass da einige Unternehmen gar nicht amused sind und sie einen sehr guten Anwalt (und / oder sehr viel Geld) brauchen wird.

      Ab und an habe ich mal so Phasen, wo mich vor allem Facebook wirklich extrem nervt und ich denke, wie schön es ohne wäre. Das sind aber meist Dinge, die ich mit meinem privaten Profil mitbekomme, selten über die Verwandert Seite. Aber ich bleibe nie länger als einen Tag weg. Die guten Dinge überwiegen für mich aber auch total. Es gehört nur ein gewisses Maß an Selbstdisziplin dazu und da muss ich immer mal wieder an mir selber arbeiten 😉

      Ganz liebe Grüße und bis nächste Woche!

  6. Ich mag Dich gerade, weil du authentisch, total natürlich rüber kommst und nicht immer alles nur „toll“ bei Dir ist.
    Ich glaube auch, dass gerade in den Social-Media-Kanälen zu viel übertrieben – schön geredet wird.
    Da wird es mit der Selbstdarstellung wohl öfters mal zu doll. Bei mancher Kollegin und manchen Kollegen frage ich mich, wann die überhaupt arbeiten? Denn nicht alle haben die Mega- oder digitale Produkte. Die sind permanent „on“… kommentieren alles, posten um die Wette von ihren Coaching-Erfolgen etc. Ich habe die Zeit hierfür gar nicht. Ich muss tatsächlich noch arbeiten, um mein Geld zu verdienen. Und es gibt gute Zeiten und es gibt flaue Zeiten, wie Ebbe und Flut.
    Aber ich liebe diese Arbeit… die täglichen Herausforderungen…
    Also – Bitte – Bitte – bleib wie Du bist. Bleib einfach Du – unverwechselbar. Ich liebe Deine Schreibe, Deine Art…
    Ich hoffe, es geht Dir richtig gut!
    Licht und Liebe – GINA

    • Danke dir, Gina! 🙂 Ich verbringe ehrlich gesagt auch total viel Zeit online. Aber gerade Social Media ist ja auch mein Job (ich berate da auch Unternehmen und mache für die die FB Seiten), da hab ich immer eine gute Ausrede 😉 Danke auf jeden Fall für deine lieben Worte!

  7. Hallo Sarah,
    Du kommst sehr echt rüber und das ist auch der Grund, warum Du mich als Leser eingefangen hast. Ich kenne das auch von Büchern. Tatsachenberichte lese ich wesentlich lieber als Romane, auch wenn es da leider an der Masse mangelt und ich gerne Krimis und Historienromane lese. Aber Deine Berichte sind echt. Unzweifelhaft.
    Vielen Dank dafür!
    Heinz

  8. Deine Seite (und Deine Social-Media-Kanäle) mit denen von diesen künstlichen Barbie-Puppen zu vergleichen, ist ja wohl wie Äpfel und Birnen in einen Pott zu werfen! Du kommst schon sehr authentisch rüber, mach Dir da mal keine Sorgen. Die Mischung aus guter Laune und auch mal einem Jammer-Post macht es schließlich aus.

    • Naja, Essena fand ich schon ziemlich mutig mit ihrem Schritt und vor allem finde ich es sehr spannend zu verfolgen, wie und warum sie zu solche einer „Barbie-Puppe“ wurde. Aber ja, ich versuche natürlich auch jetzt schon immer, möglichst authentisch zu sein! 🙂

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